Kritik: Without Remorse | Michael B. Jordan als eiskalter Racheengel

Lange mussten wir auf den neuen Actionfilm von Regisseur Stefano Sollima (Sicario 2) warten. Nun ist er endlich erschienen und zeigt, wie gut Michael B. Jordan in Actionfilmen funktioniert. Leider zeigt er auch, dass die Handlung bei all dem Actiongewitter auf der Strecke geblieben ist.

 

Inhalt

 

Als ein Trupp russischer Soldaten seine schwangere Frau als Vergeltung für seine Rolle bei einer streng geheimen Operation tötet und ihn schwer verwundet, verfolgt Senior Chief John Kelly (Michael B. Jordan) die Attentäter nach seiner Genesung um jeden Preis. Gemeinsam mit seiner SEAL-Kollegin Karen Greer (Jodie Turner-Smith) und dem zwielichtigen CIA-Agenten Robert Ritter (Jamie Bell) deckt Kelly bei seiner Mission unwissentlich ein geheimes Komplott auf, das die USA und Russland in einen totalen Krieg zu verwickeln droht. Hin- und hergerissen zwischen persönlicher Ehre und Loyalität zu seinem Land, muss Kelly ohne Kompromisse gegen seine Feinde kämpfen, denn er hofft, die Katastrophe abzuwenden und die mächtigen Figuren hinter der Verschwörung zu enttarnen. Dabei schreckt er auch nicht davor zurück, all seine tödlichen Fähigkeiten mit gnadenloser Effizienz einzusetzen…
 
 

Kritik

 

Mit Filmen wie „Suburra“ oder „Sicario 2″ machte sich Stefano Sollima einen Namen. Als Regisseur für eine ziemlich harte Kost wurde er bekannt und hat dies mit der 2020 erschienenen Serie „Zero Zero Zero“ in Stein gemeißelt. Kein Wunder, das man freudig auf „Without Remorse“ gewartet hatte. Besonders mit Michael B. Jordan in der Hauptrolle war ein Hit quasi vorprogrammiert. Eines muss man sagen. Bei der Action hält der Film, was er in den Trailern verspricht. Das größere Problem liegt bei etwas ganz anderen und daran kranken in der heutigen Zeit viel zu viele Actionfilme.

Bevor wir aber mit den negativen Punkten beginnen, müssen wir einmal über die guten reden. Eines davon ist mit Abstand Michael B. Jordan. Der wartet in „Without Remorse“ mit einer Physis auf, die er sicher noch von Creed übrig gelassen hatte. In einer extrem wuchtigen Action-Sequenz in Russland zeigt er nicht nur, dass er das Zeug zu einem waschechten Actionstar ala Sylvester Stallone hat, sondern dass er selbst in den einfachsten Momenten eine Ausstrahlung an den Tag legt, die andere in diesem Genre nicht besitzen. Trotz Kugelhagel bleibt er emotional greifbar und geerdet. Immer ist seine emotionale Verfassung spür und greifbar.

So etwas macht jemanden zu einem tollen Schauspieler. Nicht zwangsläufig die großen Gesten, sondern die kleineren, unterschwelligen Momente, die erst bei näherer Betrachtung ihre ganze Kraft entfalten können. Neben Michael B. Jordan spielen auch noch Jodie Turner-Smith (Queen and Slim), Jamie Bell (Billie Elliot) und Guy Pearce (L.A. Confidential) mit. Von den dreien fällt Guy Pearce leider am meisten aus dem Rahmen. Er spielt leider einen ziemlichen Klischeecharakter, der eins zu eins jede Checkbox abhackt, die es gibt. Auch seine Entwicklung ist von Anfang an absehbar und zerstört somit einzelne Momente in dem Film.

Die große Überraschung war aber Jodie Turner-Smith die eine undurchschaubare Art an den Tag legt. Ist sie jetzt nett? Ist sie doch böse? Ganz lässt sie sich nie deuten und das gefällt mir. Es wirkt definitiv besser als eine typische Darstellung eines Commanders. Auch Jamie Bell darf einmal zeigen, dass er mehr kann als den Schönling. Er ist zwar, was seine Mimik angeht, sehr eingeschränkt, gleicht das aber mit einer sehr authentischen Ausstrahlung wieder aus. Was seinen Charakter nicht spannender, aber seine Leistung interessanter werden lässt.

Die Action in „Without Remorse“ lässt sich am besten erklären, wenn man Filme nennt, die dem ähnlich sind. Einmal muss man da „John Wick“ nennen, da es einzelne Choreografien gibt, die sehr klar an solch einer Action inspiriert ist und auch die „Bourne“-Trilogie. Auch wenn „Without Remorse“ nicht so schnell geschnitten ist wie die Filme von Greengrass. Es ist der Mix aus beidem, was die Action in diesem Fall besonders werden lässt. Einmal hat alles einen gewissen Impact und wirkt nicht zu lasch und zweites wirkt alles gut durchgeplant und nicht einfach gefilmt, ohne das man eine Ahnung hat, was genau man will. Man hat sichtlich versucht, so etwas wie „Taken 3″ oder „Mile 22″ zu vermeiden. Was dem Ganzen auch guttut. Es hätte sehr schnell in eine falsche Richtung ausschlagen können.

Die Action ist auch der Punkt, wieso sich der ganze Film so kurzweilig anfühlt. Mit 110 Minuten ist er kürzer als andere Filme dieses Genres, nutzt die Zeit, die er hat, aber komplett aus. Mit einem genialen Sounddesign gesegnet, vergehen die Action Set-Pieces wie im Fluge und kaum versehen wir uns, da sind wir auch schon im finalen Drittel des Actioners. Es ist schön zu sehen, wie genau dieser Film auf seine Stärken abgestimmt ist. Bei einer näheren Betrachtung und besonders nach dem Beenden des Filmes wird aber ein anderes Problem umso klarer, was viele Punkte kosten wird. Die Einfachheit und Vorhersehbarkeit der Geschichte.

Es geht um einen Navy-SEAL namens John Kelly, dessen hoch schwangere Frau im Schlaf erschossen wird. Er schwört Rache und versucht alles daran zu setzen, heraus zubekommen, wer hinter der Ermordung steckt. Diese einfache Handlung haben wir in unzähligen Filmen schon gesehen. Sei es „Gesetz der Rache“ mit Gerard Butler oder „Edge of Darkness“ mit Mel Gibson. Immer ist die Kernthematik gleich aufgebaut. Wenn es dann so wie im Fall von „Without Remorse“ ist, dann wird auch alles andere 1 zu 1 übernommen. Die Charaktere entwickeln sich gleich, sagen fast genau die gleichen Sätze auf und haben keinen richtigen Tiefgang. Wenn dann auch noch durch den Cast ersichtlich ist, wer hier vermutlich der Bösewicht ist, dann ist das Chaos komplett.

Es ist immer schlimm, dass durch den Willen der Studios große Namen gecasted werden und dadurch eine eigentliche Handlung zerstört wird. Wenn man auch nur einen Film, der ähnlich ist, kennt, weiß man sofort, wer hier vermutlich der eigentliche Fiesling ist. Das nimmt nicht nur jede Spannung raus, sondern macht auch noch keinen Spaß. Dieses Problem zieht sich durch den ganzen Film und wirkt immer so falsch. Wenn Kelly überlegt, wer es sein könnte, wir aber immer wissen, wer es ist, dann schlagen wir uns an den Kopf und fragen uns, wieso er so blöd sein kann. Solche Probleme machen immer wieder Actionfilme kaputt. Besonders in der Vergangenheit ist so etwas viel zu oft vor gekommen. Ich hoffe inständig, dass es sich bald einmal ändert.

 

Fazit

 

Mit einem tollen Cast und einer guten Action versehen, macht „Without Remorse“ über die meiste Zeit spaß und unterhält königlich. Wenn aber die Handlung zu sehr in den Fokus rückt und wir nach 10 Minuten schon erahnen können, wohin die Reise geht und was der vermutliche Twist ist, dann leidet alles andere auch darunter. So ist „Without Remorse“ ein netter Actionfilm, der gerade deswegen angesehen werden sollte und nicht wegen der vorhersehbaren und viel zu einfachen Handlung.

0.00
6.5

Story

5.0/10

Schauspiel

7.0/10

Kamera

7.0/10

Inszenierung

7.0/10

Sound

6.5/10

Pros

  • Michael B. Jordan ist eine Naturgewalt
  • Action ist gut Choreografiert
  • Kurzweilig
  • Stellenweise ungeahnt brutal
  • Tolles, krachendes Sounddesign

Cons

  • Twist schon am Anfang des Filmes absehbar
  • Handlung quasi nicht vorhanden
  • Typische Rachefilm Klischees
  • Finale etwas zu billig und einfach

geschrieben am: 1. Mai, 2021 um 5:01 pm

Autor:

Johnny