Kritik: The Woman in the Window | Psycho-Thriller der sich mit dem Finale selbst zerstört

Der neue Film von Joe Wright ging durch eine kleine Produktionshölle. Erst wurde Fox von Disney gekauft, dann wurden unzählige Nachdrehs angefordert um ihn dann an die Konkurenz (Netflix) zu verkaufen. Doch warum macht Disney das bei so einem viel versprechenden Film? Der Frage gehen wir auf den Grund!
Inhalt
Weil die New Yorkerin Dr. Anna Fox (Amy Adams) allein in ihrem Haus lebt, am liebsten (viel) Wein trinkt und unter Agoraphobie leidet, gilt sie unter ihren Nachbarn als verschrobene Einzelgängerin. Sie hat aber noch ein anderes Hobby: Anna liebt es, ihre Nachbarschaft auszuspionieren. Eines Tages zieht mit Alistair (Gary Oldman) und Jane Russell (Julianne Moore) und ihrem Sohn Ethan (Fred Hechinger) eine wahre Vorzeigefamilie in die Gegend. Sie wohnen direkt gegenüber Annas Haus und als sie mal wieder rein zufällig aus dem Fenster schaut, wird sie dabei Zeugin eines verstörenden Gewaltaktes. Nur dass sie das Verbrechen beobachtet, reicht der Polizei aber nicht als Beweis, denn aufgrund von Annas Medikamenten und ihrer geistigen Verfassung gibt es Zweifel daran, dass das, was sie beobachtet hat, auch wirklich geschehen ist…
Kritik
Das Disney einen Film wie „The Woman in the Window“ an die Konkurrenz verkauft, heißt in der Regel schon einmal nichts Gutes. Gerade wenn der Cast und die Regie so vielversprechend sind. Amy Adams, Gary Oldman, Julianne Moore, Anthony Mackie, Wyatt Russel in einem Film von Joe Wright, der für den Film „Abbitte“ für den Oscar in der Kategorie beste Regie nominiert war. Zudem gilt das zugrunde liegende Buch zu eines der besten Thriller der Neuzeit. Warum also verkauft ein Riesen Studio wie Disney einen Film mit dem Cast an Netflix, obwohl er doch in jedem Fall Geld ohne Ende einspielen würde?
Um diese Frage richtig zu beantworten, müssen wir erst einmal einen Blick auf die Produktion werfen. 20th Century Fox wurde im Jahr 2020 von Disney für 73 Milliarden Dollar gekauft. Neben Marken wie „X-Men“, „Kingsman“ oder „Alien“ sind ihnen auch die Rechte für kleinere Filme zugefallen. So gehört ganz Disney Fox Searchlight, die als absolute Oscar-Könige dastehen. Daher war im Vorfeld so viel Vorfreude zu hören, wenn es um den neuen Film von Joe Wright geht. Als Disney dann aber Fox gekauft hatte, haben diese viele Nachdrehs angefordert, die offenbar zu vielen Problemen führten. Danach war bei Disney klar, sie müssen den Film aufgeben, da er in der Form nicht funktionieren würde. Wer greift bei solch einem Cast dann als Erstes zu? Die filmische Mülldeponie Netflix. Dort ist „The Woman in the Window“ auch perfekt angelegt, da er kaum aus dem Einheitsbrei heraussticht.
Doch warum ist das so? „The Woman in the Window“ basiert eigentlich auf einem Roman von A.J. Finn, das im Jahr 2018 veröffentlicht wurde. Das Buch stand bei Hollywood auf Platz 1 der Prioritätenliste und so wurde sofort ein Drehbuch in Auftrag gegeben, was offenbar kaum überarbeitet wurde. Denn hier liegt das Hauptproblem des Filmes. „The Woman in the Window“ ist sowohl zu kurz als auch zu lang. Die Charaktere können sich kaum entfalten und so haben wir nur ein wirkliches Gefühl für Anna, die sich selbst in ihrer eigenen Wohnung einschließt. Jane (Julianne Moore) oder Alistair (Gary Oldman) tauchen entweder kaum auf oder brüllen sich durch jede Szene, in der sie zu sehen sind. Seine Dialoge nur rauszuschreien, macht einen Charakter auch nicht beängstigender oder schuldiger, sondern einfach nur ermüdender. Der Film fokussiert sich zu sehr auf seine Protagonistin und verliert dabei die Charaktere und die viel zu vorhersehbare Handlung aus den Augen, die sich gerade im Finale selber ein Bein nach dem anderen stellt. Die Twists werden zu früh angedeutet, manche Charakterentscheidungen sind nicht nachvollziehbar. Das einzige, was interessant ist, ist die Recherche von Anna (Amy Adams), doch das ist zusammen geklaut aus „Disturbia“ oder „Das Fenster zum Hof“.
Der Psycho-Thriller hat aber dennoch auch seine positiven Punkte. Zwei davon will ich euch nicht vorenthalten. Amy Adams, Julianne Moore und Gary Oldman spielen Weltklasse. Besonders Adams schafft es, ihren Charakter genug Tiefe zu geben, auch wenn das Drehbuch ihr das nicht geben will. Gary Oldman brüllt zwar quasi nur, macht das aber mit einer Leichtigkeit, dass ich doch schon durch sein Blick eingeschüchtert war. Er schafft es aber nicht mehr, Tiefe in sein Charakter zu geben, da es quasi nichts gibt, was mehr Tiefe benötigt. Julianne Moore kommt nur einmal vor, spielt dort aber sensationell. Fast schon neben Adams die beste Darstellung des Filmes. In diesen vielleicht 5 Minuten zeigt sie, dass Moore vielleicht eine der besten Schauspielerinnen Hollywoods ist. Leider wird sie nur viel zu selten in richtig starken Filmen besetzt. Der Letzte, an den ich mich erinnere war „Still Alice“, für den sie auch den Oscar bekommen hatte
Der zweite wirklich starke Punkt ist die Technik. Der Film spielt zwar fast nur in dem Haus von Amy Adams, doch das stellt gar kein visuelles Problem dar. Bruno Delbonnel schafft es, die Szenen aus vielen unterschiedlichen Einstellungen zu zeigen. Dabei wird die Kulisse so traumhaft schön beleuchtet und sorgt für eine wärme, die im Verlauf des Filmes immer mehr einer unangenehme Enge gleicht. Zudem ist das Tondesign und der Schnitt ganz gut geworden und unterstützt dabei die tolle visuelle Umsetzung des Stoffes.
Fazit
„The Woman in the Window“ ist gut gespielt und sieht toll aus. Zerstört aber seine ganze Atmosphäre und Handlung mit einseitigen Charakteren, einer beknackten Auflösung und manchen Charakterentscheidungen, die sinnbefreiter kaum sein könnten. So bleibt der Film als eine vertane Chance im Gedächtnis, die so viel mehr hätte sein können.
Pros
- Tolles Schauspiel von Adams, Moore & Oldman
- Visuell sehr ansprechend
- Fantastisch ausgeleuchtetes Set
- Sounddesign sehr stimmig
Cons
- Sowohl zu lang als auch zu kurz
- Orientiert sich viel zu sehr an "Fenster zum Hof"
- Macht seine Atmosphäre mit dämlichen Charakterentscheidungen kaputt
- Kaum Tiefgang bei den Charakteren
- Vorhersehbarer Twist