KRITIK: The Ritual | Gehen sie bitte nicht nach Schweden!!1!

Wenn ein Wander-Ausflug nach Schweden zu einem Höllentrip wird, dann kann es ordentlich unter die Haut gehen. Ob „The Ritual“ aber ein guter Horror-Thriller ist, verraten wir euch in der nachfolgenden Kritik.

INHALTSANGABE

Nach dem plötzlichen und brutalen Tod ihres besten Freundes Rob (Paul Reid) bei einem Überfall auf einen kleinen Laden beschließen vier junge Männer, das Abenteuer gemeinsam anzugehen, das Rob gerade erleben wollte. Gemeinsam wandern Luke (Rafe Spall), der sich eine Mitschuld am Tod des Freundes gibt, Hutch (Robert James-Collier), Phil (Arsher Ali) und Dom (Sam Troughton) daher durch die Wildnis Skandinaviens. Doch tief in einem Wald merken sie schnell, dass irgendetwas nicht stimmt. Es fängt mit grausam verstümmelten Tierleichen an und geht mit Albträumen, die Luke hat, und Verletzungen, die er danach an sich feststellt, weiter. Bald müssen die vier Freunde erkennen, dass irgendwelche dunklen Kräfte am Werk sind…

KRITIK

Netflix haut aktuell einen Film nach dem anderen raus. Leider sind viele der Filme nicht wirklich gut (wie The Cloverfield Paradox), viele aber auch sehr gut (wie Mudbound). Dann gibt es da auch Filme wie „The Ritual“, der eine interessante Prämisse hat, diese aber nicht voll ausnutzt.

Ganz besonders gut gefallen hat mir die kalte, düstere und bedrückende Atmosphäre des Filmes. In der ersten Hälfte fühlte ich mich sehr an Horror-Klassiker wie „The Descent“ erinnert, der für mich zu einem der besten Horrorfilme zählt, die jemals produziert wurden. The Ritual kommt nah an solch eine Atmosphäre ran und bindet den Zuschauer an sich. Erst ab der Hälfte des Filmes lässt diese Atmosphäre spürbar nach, worüber ich aber zu einem anderen Punkt in der Kritik reden möchte. Ich wollte zuallererst aber einmal festhalten, dass The Ritual atmosphärisch gesehen ein richtig spannender Schocker ist.

Wie ich schon gesagt hatte, gibt es auch einige Probleme innerhalb des Filmes. Die erste Hälfte des Filmes ist höllisch spannend und zieht den Zuschauer zunehmend in seinen Bann. Besonders die Dunkelheit und die Geräusche im Hintergrund lassen einem die Nackenhaare zu Berge stehen. Doch ungefähr ab der Hälfte ändert der Film sein Pacing und rutscht in einen mythologischen Horror-Thriller, der absolut nicht mehr so originell wirkt wie die tolle erste Hälfte. Es wirkt etwas so, als hätten die Drehbuchautoren keine Ideen mehr und mussten irgendwie den Film zu Ende bringen. So etwas ist meistens der Tod eines Horror-Films, genau so ist es auch bei „The Ritual“. Vor allem das Ende macht einem den ganzen Film kaputt. Ich meine, peinlicher und unnötiger hätte es nicht mehr wirklich werden können. Da lobe ich mir echt die erste Hälfte und würde am liebsten die gesamte zweite vergessen und vergraben.

Absolut hervor sticht jedenfalls die schauspielerische Leistung. Meist werden Horror-Filme mit einem sehr jungen No-Name Cast besetzt, der einfach nur herumschreien und gut beim sterben aussehen soll. „The Ritual“ macht es ganz anders und baut deutlich mehr Geschichte und innerliche Zerissenheit mit ein, die den Charakteren deutlich mehr Futter gibt. Das nutzen die Schauspieler auch spürbar aus und geben ihnen die nötige schwere. Besonders Rafe Spall fand ich in der Rolle von Luke wirklich herausragend. Wie sehr ihn der Tod seines Freundes mitnimmt und innerlich zerfrisst ist unfassbar tragisch. Wir merken sofort, dass diese Person deutliche Probleme hat und sich mit Depressionen herumschlägt. Seine Rolle hat mir am besten gefallen. Neben Rafe Spall haben wir noch Sam Troughton, der es ziemlich blöd findet, einen Wandertrip in Schweden zu machen. Er ist der Charakter, der Schweden verteufelt, nur weil es nicht so klappt, wie er es möchte. Er wirkt doch sehr einseitig, macht in der zweiten Hälfte eine angenehme Wandlung durch, die dem Zuschauer nahe geht. Des weiteren haben wir noch Robert James-Collier und Arsher Ali, die ihre Rollen auch gut machen und immer sehr glaubwürdig wirken. Nur Arsher Ali’s Rolle wirkt etwas sehr dünn und blass, doch das fällt bei diesem, für einen Horror-Film, sehr guten Cast nicht wirklich ins Gewicht.

Die Inszenierung ist etwas zwiespaltig. Die zweite Hälfte wirkt absolut einfallslos und wirklich unnötig unglaubwürdig. Die erste Hälfte ist extrem spannend, reißt aber mit den immer wiederkehrenden Jump-Scares aus der Geschichte raus. Das Pacing stimmt innerhalb des Filmes nicht immer, was leider massiv stört. Würde sich der ganze Film auf den Wald beschränken, wäre es deutlich intensiver und spannender. Zudem muss man nicht alle paar Minuten unzählige, sehr peinliche Jumpscares einbauen, die zwar einmal erschrecken, wir sie dann aber immer hervorsehen können. Es stört sehr, wie der Film vor allem in der zweiten Hälfte fast gegen die Wand gefahren wird. Man hätte so viel ändern können und es wäre ein unfassbar starker Horror-Schocker geworden. Am Ende ist es ein mittelmäßiger Schocker, den man zwar ansehen kann, aber nicht muss.

Zu guter Letzt möchte ich noch einmal über die technischen Aspekte reden. Die Kamera ist auf einem sehr hohen Niveau. Es wird gekonnt mit Helligkeit und Dunkelheit gespielt. Die Kamera fängt die Szenen wunderbar ein und die CGI-Szenen (besonders das Monster) sehen wirklich stark aus. Auch der Sound ist in den meisten Fällen sehr gut, bis auf die Jumpscare-Sequenzen, bei denen der Sound die Schock-Momente sehr schnell hervorsagt. Die Kostüme sind alle zum Setting passend, die Wunden sind glaubwürdig und die Kulissen sind sehr schön eingefangen. Am Ende bleibt mir bei den technischen Punkten nur zu sagen, dass alles auf einem sehr guten Level ist.

FAZIT

The Ritual ist ein netter Horror-Schocker, der besonders in der ersten Hälfte sehr viel Spannung und Atmosphäre aufbaut, die er aber in der zweiten Hälfte wieder komplett verliert. Die zweite Hälfte nämlich wirkt sehr inszeniert, wenig glaubwürdig und so gut wie gar nicht spannend. Dafür sind die Schauspieler wirklich stark und geben den Charakteren die nötige Tiefe und Glaubwürdigkeit. Auch bei den technischen Aspekten kann man nicht wirklich viel meckern, denn hier ist alles auf einem sehr hohen Kino-Niveau. Hätten sich die Drehbuchautoren eher auf den Wald konzentriert und nur auf die vier Charaktere, wäre es ein wunderbar spannendes Kammerspiel in bester Blair Witch Project Manier geworden. So ist es nur ein solider Horror-Thriller mit einer starken ersten Hälfte und einer sehr schwachen zweiten Hälfte.

5.9

Story

5.0/10

Schauspiel

7.0/10

Kamera

7.0/10

Inszenierung

4.5/10

Sound

6.0/10

Pros

  • Tolle Darsteller
  • Erste Hälfte extrem spannend und atmosphärisch
  • Gutes technisches Set-Up
  • Nicht zu übertrieben brutal
  • Charaktere haben genug Tiefgang
  • Tolle Kulissen

Cons

  • Zweite Hälfte deutlich schwächer als die erste
  • Büßt gegen Ende massiv an Spannung ein
  • Einzelne Charaktere hätten mehr Tiefgang gebrauchen können
  • Das Ende ist ziemlich unbefriedigend

geschrieben am: 16. Februar, 2018 um 1:07 pm

Autor:

Johnny