Kritik: The Mitchells vs The Machines | Zwei Stunden kreativer Größenwahnsinn

Netflix steht oft in der Kritik, da sie mehr schlechte als gute Produktionen auf ihrer Plattform anbieten und dieses als Innovativ deklarieren. Mit „The Mitchells vs The Machines“ zeigen sie nun, das es auch besser geht. Warum dieser Animationsfilm vielleicht einer der besten des Jahres ist, verrate ich euch in meiner Kritik.
Inhalt
Kritik
In den letzten Jahren stachen Animationsfilme in die Augen der Zuschauer, die mit viel Marketing und Budget dazu gebracht wurden aufzufallen. Als Beispiel kann man da „Soul“ oder „Toy Story 4“ betiteln. Einzig und allein wegen des Marketings konnten sie den Oscar für den besten Animationsfilm mit nach Hause nehmen. Wenn es darum gehen würde, einen Film auszuzeichnen, der kreativer und mutiger als andere ist, dann hätte dieses Jahr „Wolfwalkers“ vor „Soul“ gewonnen. Auch „Klaus“ hätte damals eigentlich vor „Toy Story 4“ den Award mitnehmen müssen. Dieses Jahr wird es vermutlich genauso ablaufen. „Luca“ von Pixar steht in den Startlöchern und sieht schon jetzt nach dem Gewinner der nächsten Award-Season aus. Eigentlich sollte aber ein anderer gewinnen, da er genau das macht, was wir wollen. „The Mitchells vs The Machines“ ist ein rund zwei stunden langer, an Kreativität kaum zu überbietender Animationsfilm, der einen komplett von den Socken haut. Doch woran liegt das? Was macht „The Mitchells vs The Machines“ so viel besser als viele Filme von Disney oder Pixar?
Ein Punkt habe ich schon angesprochen. Die gnadenlose Ideenvielfalt, die hier auf dem Bildschirm Einzug hält, lässt wirklich niemanden kalt. Der Film schmeißt mit Effekten und Einblendungen um sich, dass es nie langweilig oder ruhiger wird. Die ganze Zeit stehen Phaser auf Spaß und wird mittels Holzhammer in den Frontallappen gehämmert, als gäbe es keinen Morgen mehr. Um eine Sequenz zu beschreiben. Es gibt eine Szene in einem Kaufhaus, in dem sie nicht nur gegen wildgewordene Kühlschränke oder Toaster antreten müssen, sondern auch gegen Furbys. Ja, richtig gehört Furbys. Diese Szene geht ca. 10 Minuten und ist so wild, schräg und übertrieben, dass es einen Sog entfaltet, den man sich, egal wie sehr man sich dagegen wehrt, nicht entreißen kann. Das dieser Film aber auch so viel Laune macht, ist auch dem Produzenten Duo zu verdanken. Niemand anderes als Phil Lord und Christopher Miller, die Regisseure von „21 Jump Street“, oder „Spider-Man Into the Spider-Verse“ zeichnen sich für diesen Film verantwortlich. Wenn man ihn dann auch gesehen hat, wird schnell klar, warum er so ist, wie er ist. Eine einzigartige Salve an Kreativität, die ich seit Ewigkeiten nicht mehr in einem solchen Film gesehen habe.
Neben all dieser Kreativität setzt der Film aber auch auf eine geniale Optik. In einem Cell Shading Look getaucht, was an die „Borderland“ Games oder an „Spider-Man Into the Spider-Verse“ erinnert, sehen die ganzen Actionsequenzen noch viel nach Comic aus und gibt dem ganzen noch einen ganz anderen Touch. Klar, diesen Look muss man mögen und sich gegebenenfalls daran gewöhnen, er unterstützt die ganze Art der Geschichte und Inszenierung aber auf so vielen Ebenen, dass man es nur lieben kann. Neben der Optik gibt es da noch einen spannenden Soundtrack, der gemixt ist aus elektronischer Filmmusik und Hits aus den 80ern, 90ern und 200ern. Was die Musikauswahl angeht, erinnert der Film sehr an Filme von Edgar Wright oder James Gunn. Wie bei den beiden Regisseuren wird die Musik auch hier eingebettet. Nicht nur wegen des Selbstzwecks, sondern auch um den Szenen eine gewisse Coolness mit auf dem Weg zu geben.
Da es sich hier um einen Animationsfilm handelt, dürfen die Botschaften für die kleinen Zuschauer auch nicht wegfallen. Auch „The Mitchells vs The Machines“ schmeißt damit um sich. Es geht um Familienzusammenhalt und um das Thema des Loslassens. Pubertät und das dazu gehörende Problem mit den Eltern. Der Film dröselt einem das Thema nicht zu sehr auf, macht aber auch nicht zu wenig, damit es nicht eingefügt wirkt. Es hat schon alles Kopf und Fuß und kleinere bzw. junge erwachsene Können gerade an den Punkten perfekt mit den Protagonisten connecten. Vielleicht auch gerade, weil sich einige in der Pubertät befinden oder gerade erst raus sind. Dieser Film zeigt wunderbar die Menschlichkeit des Erwachsenwerdens. Teilweise auch weniger mit dem Holzhammer, als es Disney oder DreamWorks gerne versuchen.
Als Letztes möchte ich noch über die Synchronisation sprechen. Bis auf einen Charakter sind alle perfekt passend besetzt. Olivia Coleman als Antagonistin ist der absolute Hammer und allein durch ihre Stimme lässt sich ein gewisses Talent nicht verbergen. Sie hat so einen hörbaren Spaß, hier einen Fiesling zu spielen, dass es fast schon absurd wirkt. Das Problem ist eher die Stimme des kleinen Bruders unserer Protagonistin. Er ist 14 Jahre alt, aber hört sich an wie ende 20. Da muss man sich dran gewöhnen. Es wirkt in vielen Momenten aber leider fehlbesetzt. Im Großen und Ganzen gibt es an der Stelle aber nicht viel zu meckern.
Fazit
Einer der vielleicht kreativsten Filme des Jahres. Abseits dessen ist „The Mitchells vs The Machines“ ein unfassbar spaßiger, schräger und unschlagbar witziger Animationsfilm, der die Filme der letzten Jahre, die doch eher Bodenständiger zu sein versuchten, im punkto Einfallsreichtum gnadenlos in den Boden stampft. Wenn ihr diesen Film verpasst, seit euch bewusst, dass ihr vielleicht einen der besten Netflixproduktionen des gesamten Jahres nicht sehen werdet.