KRITIK: The Help | Ergreifendes Plädoyer gegen Rassismus

Mississippi 1960: Farbige Frauen wurden als Haushaltshilfen eingestellt, zu einem Lohn, der weit unter den Mindestanforderungen liegt. In dem Buch „The Help“ wird uns eine Geschichte aus der Sicht einiger farbiger Haushaltshilfen erzählt, die uns ziemlich berührt. Ob das die Verfilmung des Bestsellers auch schafft, verrate ich euch jetzt.
INHALTSANGABE
Mississippi in den 1960er Jahren: nachdem die junge Skeeter (Emma Stone) ihr College beendet hat, wünscht sie sich nichts sehnlicher, als eine erfolgreiche Autorin zu werden. Um dieses Ziel zu erreichen, startet Skeeter eine Interviewreihe mit schwarzen Haushaltsgehilfinnen berühmter Südstaatenfamilien und bricht damit alle Konventionen in ihrer kleinen Heimatstadt. Aibileen (Viola Davis) ist die erste, die sich den Fragen der angehenden Schriftstellerin stellt. Obwohl die jeweiligen Freundeskreise darüber nicht gerade begeistert sind, setzen die beiden Frauen ihre Zusammenarbeit fort. Und schon bald sollen sich auch weitere Frauen dazu bereiterklären, ihre persönlichen Geschichten preiszugeben. Dabei entstehen ungewöhnliche Freundschaften und eine neue Frauenverbindung, die es schafft, auch die anfangs noch skeptischen Dorfbewohner auftauen zu lassen…
KRITIK
Können Sie sich vorstellen, dass Farbige für ihre Hautfarbe diskriminiert wurden? Für etwas, für das sie keine Schuld tragen? Ich denke, Sie wissen, dass so etwas in der Geschichte der Vereinigten Staaten von Amerika sehr oft vorgekommen ist. Mit der Zeit haben sich auch diese Menschen weiterentwickelt. Sie sehen nicht mehr nur Hautfarbe, sondern auch den Menschen, der innerlich komplett gleich ist wie jeder andere auch. Filme, die diese Thematik aufgreifen, sind für mich immer ganz besonders, da es eine Zeit widerspiegelt, die wir so gar nicht wirklich erfassen können. Auch „The Help“ spiegelt ein sehr emotionales Bild wieder, was einem Zuschauer immer wieder Gänsehaut über den Körper jagt.
Was ein wichtiger Punkt dafür ist, dass so etwas funktioniert, ist die toll geschriebene Geschichte. Wir bekommen die Geschichte von Skeeter sowie der farbigen Aibileen und Minny Jackson erzählt. Skeeter möchte nichts anderes als eine anerkannte Schriftstellerin werden. Doch kein Magazin zieht es auch nur in Erwägung, sie einzustellen. Bis sie irgendwann auf die Idee kommt, ein Buch über die farbigen Haushaltshilfen zu schreiben. Doch so leicht ist es nicht, denn viele der farbigen Haushaltshilfen haben Angst mit der „weißen Rasse“ zu reden, da sie Schlimmes für sich und ihre Familie befürchten. Doch ihre Behaglichkeit zahlt sich aus, denn nach und nach wenden sich die ersten Damen an sie. Der Charakter Skeeter wurde hervorragend eingefangen. Ähnlich wie im Buch ist sie auch hier unser Identifikationspunkt. Nie wirkt der Charakter inszeniert oder falsch dargestellt. Daher wächst sie uns während des Filmes auch so sehr ans Herz.
Dann haben wir da noch Aibileen. Sie ist farbig und arbeitet, wie alle anderen in diesem Film, als Haushaltshilfe. Doch ihr Leben hat sie sehr mitgenommen, weswegen sie sehr introvertiert ist und von den weißen Menschen nur das Schlimmste erwartet. In Skeeter findet sie endlich jemanden, an den sie sich wenden kann. Aibileen ist mit die stärkste Rolle im gesamten Film. Wir leiden mit ihr mit, wenn sie trauert, wir hassen mit ihr, wenn für sie eine extra Toilette im Garten erbaut wird. Sie ist die, die mit Abstand am meisten einstecken muss. Egal was ihr passiert, wir sind als Zuschauer immer auf ihrer Seite und fiebern mit, dass sie sich irgendwann erhebt und die Gunst der Stunde nutzt. Im großen und ganzen hat mir der Charakter von Aibileen am besten gefallen.
Doch Aibileen ist nicht die einzige, die sich später an Skeeter wendet. Minny Jackson arbeitet für Skeeter’s Schwester Hilly Holbrook. Bei ihr musste sie so einiges durchmachen. Irgendwann wurde sie auch wegen mutmaßlichen Diebstahl von Silberbesteck entlassen. Doch Minny ist etwas forscher als beispielsweise Aibileen und kann sich ganz gut selbst verteidigen. Ihr Charakter ist sehr offen, direkt und lässt nichts unversucht. Als sie aber mitbekommt, dass Skeeter ein Buch über farbige Haushaltshilfen schreibt und ihre Freundin Aibileen mit dabei ist, wird sie sehr grantig und vermutet erst einmal einen Komplott der Weißen. Minny ist der Charakter, der am meisten für den bissigen bösen Humor innerhalb des Filmes sorgt, der die Situation sehr gut auflockert und etwas überspitzt. Für Leute die den Film gesehen oder das Buch gelesen haben, reicht eigentlich nur der Begriff „Kuchen“ um sie zum Lachen zu bringen, ganz sicher.
Wie ich schon angesprochen habe, gibt es da auch noch Hilly Holbrook. Sie ist die „Chefin“ von Minny und Aibileen. Ihr Charakter ist kaltherzig, hochnäsig und egoistisch. Allein im ersten Moment spüren wir als Zuschauer, dass sie eine extrem unsympathische Schnepfe ist, die, auch wenn sie sagt, sie sei nicht rassistisch, ziemlich genau das Gegenteil davon ist, was sie sagt. Ihr Charakter ist der abartigste und dennoch bemitleidenswerteste im gesamten Film. Wir fragen uns als Zuschauer immer wieder, wie man so ein unmenschliches Wesen sein kann, was andere nur aufgrund ihrer Hautfarbe so mies behandelt. Auch hier kann man wie bei allen anderen Charakteren aber sagen, dass sie wirklich herausragend geschrieben ist. Auch wenn einige ziemlich große Arschlöcher sind, die uns als Zuschauer gern mehr als einmal an den Rand der Verzweiflung bringen.
So perfekt wie die Charaktere sind, sind auch die schauspielerischen Leistungen, an denen ich rein gar nichts auszusetzen habe. Emma Stone als Skeeter gibt dem Charakter die nötige Tiefe und das Charisma. Eine andere Schauspielerin könnte ich mir nicht für diese Rolle vorstellen. In den emotionalen Momenten schafft es Stone, sich direkt ins Herz des Zuschauers zu spielen. Aber auch unterhaltsame und lustige wirken in keinstem Fall irritierend oder aus der Geschichte reißend. Alles passt wie ein Puzzle großartig ineinander. Was aber besonders dafür sorgt, dass ihre Rolle perfekt auf den Charakter passt, ist ihre Glaubwürdigkeit, die sie in die Rolle packt. Mit viel Liebe, Gelassenheit und Interesse zum Thema spiegelt sie wunderbar diese Figur wider. Warum sie hierfür keine Oscar-Nominierung bekommen hat, ist sehr fraglich.
Die beste Leistung innerhalb des Filmes ist aber von Viola Davis. Wie sie Aibileen Leben einhaucht, sie zutiefst menschlich und emotional macht, ist einfach herzergreifend. Jedes Wort, was sie spricht, jede Gestik, die sie macht, ist buchstäblich perfekt. Und wenn ich perfekt sage, dann meine ich das auch so. Wenn sie über ihren Sohn redet und anfängt zu weinen, geht es sofort auf den Zuschauer über, der am liebsten direkt mitweinen möchte. Wenn sie sich traut und ihrer Wut freien Lauf lässt, hassen wir mit ihr. Warum diese Frau nicht schon für The Help den Oscar gewinnen konnte, ist sehr gute Frage, die leider unbeantwortet bleibt.
Wer aber den Oscar für die beste weibliche Nebenrolle gewinnen konnte, ist Octavia Spencer. Sie gibt ihrer Rolle viel Pepp und Würze mit. Immer Bereit, im Notfall auf den Tisch zu hauen und zu sagen, was sie wirklich bedrückt. Doch auch emotionale Momente, in denen sie sich zurückhalt und eher anderen den Vortritt lässt, sind wahrlich großartig gespielt. Nur ein kleines Problem habe ich. So gern ich sie habe als Schauspielerin und so großartig sie diese Rolle verkörpert, ich hätte lieber Viola Davis den goldenen Typen mit dem Schwert in der Hand gegeben, da ihre Rolle noch etwas pointierter geraten ist. Im Großen und Ganzen ist aber auch Octavia Spencer nicht klein zu reden, denn ihre Leistung und ihre Rolle spielen ganz weit oben auf.
Auch mit von der Partie ist Bryce Dallas Howard, die wir vor allem aus Jurassic World oder The Village kennen. Sie spielt Hilly Holebook, die Schwester von Skeeter. Sie ist egozentrisch, manipulativ und zutiefst erbärmlich. Ihre Rolle soll ein argloses Arschloch wiederspiegeln und genau das kriegt Miss Howard hervorragend hin. Als Zuschauer lernen wir sie ab der ersten Szene mit ihr hassen und hoffen den ganzen Verlauf über, dass sie endlich die gerechte Strafe dafür bekommt, was sie den anderen andersfarbigen Mitmenschen antut. Ihre Rolle kommt zwar von der Großartigkeit nicht an Emma Stone oder Viola Davis heran, aber sie spielt auf einer gleich guten Stufe wie beispielsweise Octavia Spencer und das muss man auch erst einmal hinbekommen.
Zu guter Letzt haben wir da noch die großartige Jessica Chastain, die als offene, herzensgute Dame integriert wird, die sich für ihre farbigen Mitmenschen einsetzt und nicht verstehen kann, wieso sie so ausgegrenzt werden. Chastain gibt ihrem Charakter eine depressive und selbsthassende Ader mit, die ihre Rolle zutiefst menschlich und zerbrechlich erscheinen lassen. Sie kommt zwar erst ab der Hälfte des Filmes dazu, aber erobert direkt das Herz der Zuschauer. Bei ihr war es absolut verdient, dass sie für einen Oscar und Golden Globe als beste Nebendarstellerin nominiert wurde. So viel Menschlichkeit und Gebrochenheit muss man erst einmal in einen Charakter bekommen und das dann auch noch glaubwürdig darzustellen ist eine Kunst für sich. Absolut hervorragend.
Über die Inszenierung muss ich nicht mehr viele Worte verlieren. The Help beginnt dramatisch, hält diese stringente Spannung durchgehend auf dem selben starken Level und hebt sie im letzten Drittel noch einmal an. Kein Moment wirkt unnötig in die Länge gezogen, alle Szenen passen aneinander wie ein wunderschönes Puzzle, das man mit Mühe zusammen gesetzt hat. Nur ein kurzer Moment, in denen bei uns als Zuschauer die Dämme brechen, hat etwas gefehlt. Das ist aber Kritik auf ganz hohem Niveau, die eigentlich gar nicht ins Gewicht fällt.
FAZIT
The Help ist ein Monstrum von einem Film. Besser kann man Charaktere nicht schreiben und darstellerisch auf die Leinwand zaubern. Was hier schauspielerisch abgeliefert wird, ist Schauspiel auf dem höchstmöglichen Niveau. Nie wirkt The Help unnötig gestreckt oder von der Handlung her zu übertrieben. Das Einzige, was ein klein wenig stört, ist die viel zu bunte Optik, doch das lässt sich bei dem absolut perfekten Rest gern verschmerzen. The Help ist nichts anderes als ein Meisterwerk, was man auf jeden Fall einmal in seinem Leben gesehen haben sollte.