Kritik: Possessor | Wie der Vater so sein Sohn

In Amerika wurde „Possessor“ schon als der erste richtig gute Horrorfilm des Jahrzehnts bezeichnet. Ist der Film aber wirklich so gut und kann Brandon Cronenberg seinem Vater David Cronenberg das Wasser reichen?
Inhalt
Kritik
Ich hatte mich im Vorfeld sehr auf „Possessor“ gefreut. Das liegt unter anderen an der Regie, dem sensationellen Trailer, der aber recht wenig verraten hat und das ganze Setting. Am Ende sollte meine Erwartung tatsächlich erfüllt werden denn „Possessor“ ist genau das geworden, was ich die ganze Zeit wollte. Ein extrem brutaler, schwer verständlicher und sensationell inszenierter Sci-Fi-Horror Schocker, der den ein oder anderen ziemlich hart in die Magengrube treffen dürfte.
Das wohl wichtigste Thema bei einem Film von Cronenberg sind die Themen und die Art, wie die Gewalt ausgeübt wird. In „Die Fliege“ durfte sich Jeff Goldblum in eine riesige Fliege verwandeln und wurde damit zu einem Kultfilm, der heute noch genauso eklig ist wie früher. In „A History of Violence“ wurde scharf geschossen und kreierte einschneidende und wahrlich verstörende Sequenzen. Die Filme stammen alle von David Cronenberg, der als absoluter Meister des Bodyhorrors gilt. Nun will sein Sohn genau in diese Fußstapfen treten und wie soll man sagen. Er hat es geschafft und diese perfekt ausgefüllt. „Possessor“ ist eine wunderbare Gesellschaftskritik auf unseren technischen Konsum, wie wir uns in Medien und anderen Themen sinken lassen und unser Geist darunter nachgibt. Das reichert er an mit einzelnen extrem brutalen Momenten, die kaum auszuhalten sind. Selbst erfahrene Horrorfilm oder Thriller Fans dürften hier schlucken. Denn die Gewaltausbrüche sind so sparsam platziert, dass sie umso härter reinhauen. Gerade das Finale ist so hart, das ich es für ein Skandal halte, dass der Film am Ende nur eine FSK ab 18 bekommen hat.
Auf der Seite der Charaktere und der Darsteller macht „Possessor“ auch eine gute Figur. So sind Andrea Riseborough und Christopher Abbott unschlagbar in diesem Film. Riseborough spielt mit einer ambivalenten Art und kann nie differenzieren, wer oder was sie ist. Abbott ist die meiste Zeit über eine Marionette, die er aber großartig spielt. Er versucht die Mimiken und Gestiken von Riseborough in sein Spiel mit aufzunehmen, um es spürbar zu machen, das er nur kontrolliert wird. Besonders die Entwicklung der Charaktere, die Härte, die in ihnen wohnt, ist schwer interessant. Besonders Riseboroughs Charakter. Denn sie scheint immer etwas Tolles und erregendes an dem Morden zu finden. Ist es ihre Psyche, die sich verändert oder ist sie einfach so, die sich an dem Tod anderer aufgeilt. Es ist spannend zuzusehen, wie sich die Charaktere über die Zeit weiterentwickeln und immer weniger greifbar werden. Gerade weil sie sich in so unfassbar düstere Gefilde entwickeln.
Cronenberg weiß, wie sein Vater Spannung und unangenehme Situationen zu kreieren. Der Film erzählt eine Geschichte über das Übernehmen von anderen Menschen, um durch ihre Kontrolle andere hochrangige Menschen zu töten. Dabei wird immer wieder die Verbindung zum Wirt in den Fokus gehoben, die sich nicht durchbrechen lässt. Vielmehr wird der Film in diesen schnellen, grellen und flackernden Bildern zu einem typischen Body Horror Schocker, der ganz wie der Vater funktioniert. Aber auch außerhalb wird eine Spannung aufrecht gehalten, die nie abebbt. Der Film hört aufgrund seiner Geschichte nie auf, weiter nach vorne zu laufen. Es kann gar nicht zu längen oder Momenten kommen, in denen die Spannung unterbrochen wird. Cronenberg hat ein perfektes Händchen dafür, die Handlung konsequent und erbarmungslos nach vorne zu treiben, egal wie verstörend er werden mag. Denn das kann ich mit guten Gewissen sagen: Durch die Intensität und durch den aufrecht haltenden Spannungsgrad hauen manche Szenen so sehr rein, das sie ungeübte Zuschauer für eine Lange zeit verstören werden. Stichwort: Poster.
Wie immer spreche ich am Ende noch über die Technik. Audiovisuell ist „Possessor“ nicht weniger als nahezu perfekt. Der Score unterlegt die gezeigten Szenen mit einer Härte und mit einem Wummern, was lange im Kopf bleibt. Zudem sind die Masken stark, die Kamera kreiert sensationelle Bilder, die man sich auch an die Wand hängen kann und der generelle Schnitt ist ein Träubchen. Viel lässt sich also in diesem Bereich nicht hinzufügen außer das der Film in allen Belangen nahezu perfekt geworden ist.
Fazit
Cronenbergs „Possessor“ ist ein unbeschreiblich spannender, brutaler und schauspielerisch einwandfreier Sci-Fi-Horror-Thriller, der einem den Atem raubt. Keine Sekunde wird vergeudet, um die Handlung weiter voranzutreiben. Besonders das Finale und die geringen, aber psychisch ausufernden Gewalt-Sequenzen bleiben eine lange Zeit im Gedächtnis.