KRITIK: Marshall | Unterhaltsames und kurzweiliges Gerichts-Drama mit wunderbarem Cast

Der Black Panther trifft auf Olaf. Ob daraus ein guter Gerichts-Thriller wurde, verraten wir Euch in unserer Kritik zu „Marshall“
INHALTSANGABE
Amerika, in den 1940er Jahren: Rechtsanwalt Thurgood Marshall (Chadwick Boseman) hat sich einen Ruf aufgebaut, quer im ganzen Land schwierige Fälle zu übernehmen. Vor allem für Angeklagte seiner Hautfarbe ist der schwarze Anwalt oft die einzige Hoffnung – so auch für Joseph (Sterling K. Brown). Der Chauffeur soll Eleanor (Kate Hudson), die Frau seines Bosses, brutal vergewaltigt haben, beteuert aber seine Unschuld. Weil der knallharte Richter (James Cromwell) und der mit allen Wassern gewaschene Vertreter der Anklage (Dan Stevens) einen Anwalt von außerhalb ablehnen, verbündet sich Marshall mit Sam Friedman (Josh Gad). Doch der auf Versicherungsfälle spezialisierte Anwalt ohne Erfahrung in Strafverfahren muss bald eine deutlich prominentere Rolle einnehmen, als ihm lieb ist. Denn Marshall wird verboten, vor Gericht aufzutreten und er kann Friedman nur in der Vorbereitung helfen. Weil er als weißer Jude einen schwarzen Angeklagten vertritt, gerät bald zudem noch Friedmans Familie ins Kreuzfeuer von Rassisten…
KRITIK
Gerichtsthriller können, wenn Sie richtig gemacht werden, einen riesigen Haufen spaß machen. Wenn wir uns an „Der Mandant“ oder „Die Jury“ beides mit Matthew McConaughey wissen wir, wie großartig diese Filme sein können. Ob Marshell ein genau so guter Film ist, musste sich erst einmal beweisen. Nun kann ich aber sagen, nachdem ich ihn gesehen habe, dass er leider nicht so gut ist wie die bereits genannten Filme. Aber, und das ist jetzt ein ganz Großes aber. Marshall ist dennoch ein sehenswerter Film aus einigen wirklich starken Punkten.
Ganz besonders gut an dem Film hat mir die Grundatmosphäre gefallen. Der Film ist locker, leicht und teilweise ungeahnt lustig. Zudem spielt der Film in den 40er Jahre. Auch die gesamte Aufmachung, also die Kamera, das Setdesign oder auch die Schnitte sind richtig schon auf alt gemacht, um das Gefühl der 40er 50er Jahre hoch leben zu lassen. In manchen Momenten muss man aber auch überlegen, in welchem Jahr der Film spielt. Denn durch die technischen Aspekte wirkt der Film, als sei er aus den 80er oder 70er Jahre. Das schadet dem Film auf gar keinen Fall, denn diese Zeit und die dazu passenden Dialoge machen einen tierischen Spaß, daher wirkt Marshall eher als eine ziemlich unterhaltsame Buddy-Komödie mit leichtem dramatischen Einschlag als ein harter und spannender Gerichtsthriller wie „Die Jury“ oder „Betty Anne Waters“. Doch das tut dem Ganzen keinen Abbruch. Der Film wirkt wundervoll, spielt sich ins Herz der Zuschauer und macht bis zum Finale einen riesigen Spaß. Ein wichtiger Punkt, wieso der Film so viel Spaß macht, ist aber der toll harmonierende Cast.
Josh Gad und Chadwick Boseman sind ein wunderbares Dream-Team, was so gut zusammenpasst, wie ich es lange, lange nicht mehr gesehen habe. Die beiden ergänzen sich super, reagieren realistisch auf die Dialoge des anderen und fühlen sich an als wären sie richtige Freunde. Auch nach dem Film hat man durchgehend das Gefühl gehabt, Gad und Boseman wären echte, richtige best Buddys die miteinander gern einmal durch die Hölle gehen. Es macht einen riesigen Spaß sich diese beiden anzusehen. Wenn ich jetzt aber sagen müsste, wer von beiden mir am besten gefallen hat, müsste ich auf jeden Fall Josh Gad sagen. Diese Lockerheit, diese Sympathie, die der Kerl ausstrahlt, ist schier unfassbar. Ich würde einfach nur gern mit dem Kerl nen Kaffee trinken denn das, was er hier abliefert, ist sowohl trottelig als auch sympathisch. Dumm aber auch höllisch intelligent. Boseman wird in vielen Szenen von Gad an die Wand gespielt, wenn Sie zusammen zu sehen sind. Für mein Gefühl gehört Gad der gesamte Film.
Neben Gad und Boseman sind auch Dan Stevens, Kate Hudson, Sterling K. Brown und James Cromwell zu sehen. Hier hat mir besonders Dan Stevens als Staatsanwalt gefallen, der versucht mit allen Mitteln den Angeklagten hinter Gittern zu bringen. Seine Rolle ist zwar sehr genretypisch wie alle der gerade genannten Schauspieler aber er verleiht dieser Person eine Art und Weise, die mir dennoch gefallen hat. Dagegen wurde ich von Kate Hudson und James Cromwell mehr als enttäuscht. Ich bin absolut kein Fan von Hudson, aber hier spielt sie nur die typische, nichtssagende Frau die einen Farbigen anklagt nur, weil er Afroamerikaner ist. Auch Hames Cromwell hat mir nicht gefallen, weil er einfach der stereotypische rassistische Richter ist, der immer versucht, alles so zu lenken, dass der Angeklagte auch wirklich als schuldig verurteilt wird, auch wenn er es gar nicht ist. Die beiden haben mir mit Abstand am wenigsten gefallen. Sie sind sehr austauschbar, unnötig und irgendwie viel zu klischeehaft und stereotypisch. Sterling K. Brown hingegen hat seine Momente, ist in der meisten Zeit auch sehr klischeehaft. Seine Darstellung ähnelt sehr der, von Samuel L. Jackson in „Die Jury“. Genau so wie er, sagt er immer er sei unschuldig, sitzt in der Gegend rum und wird vielleicht ab und an mal in die Szene geschnitten. Am Ende ist es auch hier eine sehr austauschbare Darstellung, was sehr schade ist. Da besonders dieser Charakter so viel Futter verdient hätte.
Die Inszenierung sowie die Geschichte hat einige Probleme. Der Film zieht sich nie, ist auch nie langatmig, dafür verrät sich der Film aber leider viel zu früh. SSchon, nachdem man das erste Mal Kate Hudson im Film zu sehen bekommt, weiß man, was da eigentlich los ist. Was passiert ist und wieso Sie ausgerechnet ihn anklagt. Der Film will spannend sein, und das ist er auch, das liegt aber nicht daran, dass der Film so undurchsichtig ist. Sondern vor allem daran, ob der Richter jetzt entscheidet, ob er schuldig ist oder eben nicht. Uns als Zuschauer ist bewusst, was Sache ist. Das Spannende ist am Ende nur das Urteil und nicht die Wahrheit, die, wir schon seit Ewigkeiten kennen. Drehbuchautor Jacob Koskoff hätte ein bisschen mehr Zeit darein stecken sollen, den Film spannender und unvorhersehbarer zu machen. Dann wäre es ein wirklich großartiger Gerichtsthriller geworden mit viel Witz und Sympathie. Doch das ist nicht das einzige Problem. Leider hat der Film einige Mängel bei der Charakterzeichnung und Charakterentwicklung. Die Charaktere (außer Gad und Boseman) entwickeln sich nie weiter, bleiben immer so, wie Sie sind, und kriegen auch nie genug Tiefe um uns als Zuschauer irgendwie zu interessieren. Hier wurden auch einige Fehler gemacht, die man schon mit einzelnen Sätzen hätte ändern können.
FAZIT
„Marshall“ ist ein guter Film mit einigen Mängeln. Der Film macht Spaß, fängt super den Flair der 40er Jahre ein und ist hauptsächlich wegen der Chemie zwischen Gad und Boseman sehenswert. Leider hat der Film auf der erzählerischen Seite einige Probleme die sich nicht ausblenden lassen. Der Film ist oft sehr vorhersehbar und büßt dadurch einiges an Spannung ein, die Charaktere sind sehr blass und haben keine wirkliche Entwicklung innerhalb des Filmes, weswegen wir nie zu ihnen eine Beziehung aufbauen können. Dennoch, „Marshall“ macht Spaß und man sollte ihn, wenn man auf solch eine Thematik steht, auf jeden Fall einmal ansehen. Der perfekte Film für einen grauen Sonntag Nachmittag.