Kritik: Hass – La Haine | Einer der bedeutendsten und wichtigsten französischen Filme aller Zeiten!

Als absolutes Meisterwerk gefeiert und heute als einer der wichtigsten Filme unserer Zeit betitelt. Doch ist „La Haine“ wirklich so gut? Wir klären in unserer Kritik auf.

 

INHALT

In einem Pariser Vorort herrscht Krawall. Am folgenden Tag ziehen dort die drei Jugendlichen Vinz (Vincent Cassel), Saïd (Saïd Taghmaoui) und Hubert (Hubert Koundé) orientierungslos durch die Straßen. Nachdem ihr Bekannter Abdel in den nächtlichen Kämpfen zwischen randalierenden Jugendlichen von der Polizei lebensbedrohlich verletzt wurde, brodelt der Hass in ihnen. Dabei treffen die Jungs Freunde, geraten immer wieder mit guten und schlechten Polizisten in Konflikt, aber die meiste Zeit warten sie sprichwörtlich auf Godot. Jeder der drei Hauptprotagonisten stammt aus einer der drei prägenden Randgruppen im heutigen Frankreich. Vinz ist jüdischer Abstammung und das Pulverfass der Gruppe. Er würde auch nicht vor dem Gebrauch einer gefundenen Schusswaffe zurückschrecken, um den möglichen Tod von Abdel zu rächen. Der Araber Saïd überspielt mit seiner aufgesetzten guten Laune die Tatsache, dass er keine Zukunft hat. Hubert erscheint als der Vernünftigste und Reifste des Trios. Als seine vom Staat subventionierte Boxhalle niederbrennt, erkennt er, dass es für ihn nur einen Ausweg gibt. Er will unbedingt aus der Gewaltspirale seines Viertels entkommen.
 
 

KRITIK

Was für ein Film ist „La Haine“. In erster Linie würden wir alle meinen, es ist ein normales französisches Drama über drei problematische Jugendliche. Irgendwo hat man auch recht, wenn man das sagt, doch der wahre Grund wird hierbei außen vor gelassen. „La Haine“ ist eine gesellschaftskritische Charakterstudie, welche in eine Zeit gelegt ist, in der Frankreich von Rechtspopulisten geleitet wurde. Man kann also „La Haine“ eindimensional sehen, oder man wagt sich unter die dicke Haut, um zu schauen, was hier wirklich vor sich geht.

Was passiert mit einem Land und dessen Bevölkerung, wenn es von rechten geleitet wird? „La Haine“ zeigt das in einer langsamen aber sehr aufwühlenden Art und Weise. Es macht die Bevölkerung wütender, fieser und gefährlicher. Der Film zeigt eine emotionale Abwärtsspirale der Gesellschaft, lässt unsere Protagonisten und alle um sie herum dem Hass und der Gewalt verfallen. Dabei gibt es auch eine Arm/Reich Schere, die nicht weiter aufgespannt sein kann. Dazu kommen wir aber gleich noch. Je mehr Hass kursiert, desto gewaltbereiter werden die Bewohner der Stadt, des Dorfes. Es wird sich daran aufgegeilt eine Waffe zu besitzen, um seine Macht uns sein Einfluss zu präsentieren. Zudem ist die Waffe nicht nur der Penis der gezeigten Gegenwart, sondern viel mehr ein Mittel, um sich zu verteidigen. Wie die Stadt in diesem Film gezeigt wird, gleicht einem absoluten Chaos. Alle drehen durch, die Stadt verfällt dem Wahnsinn. Auch hier der Grund derselbe. Rechtspopulisten und Konservative. Doch wie kann man etwas gegen den Aufschwung der Rechten unternehmen? Darauf gibt der Film keine Antwort und überlässt das Denken den Zuschauer.

Doch nicht nur dieser Rechtsruck ist eines der Probleme, die in diesem Film aufgezeigt wird. Auch die Schere zwischen Armen und Reichen ist gigantisch. Unsere Protagonisten kommen aus einem Problemviertel von Paris. Dort sind die Polizisten rassistisch, gewalttätig und gewissenlos. Wieder ein Punkt, der durch die Politik im Land geleitet wird. Doch sobald unsere Protagonisten den Weg mitten in die Stadt finden wird ihnen klar, hier ist die Welt noch in Ordnung. Dort gibt es keine Schlägerei, dort schreien nicht alle durch die Gegend oder zerschmettern Bierflaschen auf den Gehwegen. Im Land wird sich hauptsächlich für die Reichen eingesetzt. Die, die das Geld haben, um sich einen höherrangigen Lebensstil zu finanzieren. In den ärmeren Vierteln kommt kaum etwas von dem Geld an. Das Viertel verfällt und wird seinem Schicksal überlassen. Warum auch den Ärmeren helfen? Für den Staat sind sie Dreck unter den Fingernägeln. Auch hier gibt der Film keine Antwort darauf, wie man es ändern könnte. Warum auch? Wir als Zuschauer sollen gefordert werden. Denken wir einmal daran, was passiert denn Deutschland von der AfD geleitet wird. Attentate wie in Halle werden immer mehr. Der Fremdenhass steigt exponentiell nach oben. Kann eine Demokratie solch einen Fremdenhass verkraften? Nein, und so etwas sollten wir nicht dulden.

„La Haine“ ist brandaktuell und bewegend. Nur wir selber können etwas gegen diese Probleme tun. Doch dafür müssen wir lernen sie zu verstehen. Was dem Film dabei hilft, seine Geschichte und seine Nachricht zu übermitteln, sind unsere drei fantastisch aufspielenden Darsteller. Vincent Cassel allen voran gibt eine Oscarwürdige Performance. Auch Hubert Koundé und Said Taghmaoui brennen sich mit ihrem Spiel in die Köpfe der Zuschauer. Dank ihnen sind die Charaktere noch kraftvoller und noch packender. Wir können uns daher sehr gut in sie hinein versetzten und dem Zuschauer wird das Zweifeln, ob sie echt sind oder nicht, gar nicht erst ermöglicht. Hier ist beinahe alles perfekt. Doch nur beinah.

„La Haine“ hat ein Problem, welches ich ansprechen muss. Die erste Hälfte ist zwar wie der gesamte Film ausgesprochen gut fotografiert. Jede Szene ist fantastisch eingefangen, doch das täuscht nicht darüber hinweg, dass die erste Filmhälfte etwas zu langsam und zu inhaltsarm ist. Erst ab Minute 35 oder 40 fängt der Film wirklich an in die richtige Richtung zu gehen. Vorher entsteht fast schon so etwas wie Langeweile. So etwas hat dieser Film nicht verdient. Allein schon nicht aufgrund seiner Thematik und seiner Grundaussage. Es tut dem Film am Ende aber wenig Abbruch. „La Haine“ ist ein erschütterndes und bewegendes Stück Kino, welches auf jeden Fall gesehen werden muss. Egal ob er schwächen hat oder nicht.

 

FAZIT

Mit einer wahnsinnigen Eleganz inszeniert Regisseur Mathieu Kassovitz ein gesellschaftskritisches Drama, welches nicht brandaktueller sein kann. Doch diese Thematiken fallen erst auf, wenn sich darauf eingelassen wird. Man kann „La Haine“ also entweder Konsumieren und eine interessante aber generische Geschichte dreier Problem-Teenager bekommen, oder man schaut hinter den Vorhang und sieht ein Chaos in der Bevölkerung was durch Konservative und Rechte ausgelöst wurde. Zudem ist „La Haine“ bemerkenswert gut gespielt und fotografiert. Ich gehe zwar nicht ganz mit, zu behaupten er ist einer der besten französischen Filme. Jedoch gehe ich bei der Behauptung mit, dass er einer der wichtigsten und bedeutendsten ist.

0.00
8.4

Story

7.5/10

Schauspiel

9.0/10

Kamera

9.0/10

Inszenierung

10.0/10

Sound

6.5/10

Pros

  • Thematik regt zum Nachdenken an
  • Darsteller, ganz besonders Vincent Cassel, sind herausragend
  • Gegen Ende immer Spannender und unagnehemer
  • Visuell ein Traum
  • Thematik auf jedes Land der Welt anwendbar
  • Wirkt trotz sperriger Inszenierung, kurzweilig

Cons

  • Anfang wirkt etwas Inhaltsleer

geschrieben am: 1. November, 2019 um 1:24 pm

Autor:

Johnny