Mississippi Burning im Test: Kann ein Film die Augen für Rassismus öffnen?

Unbestreitbar ist der Fakt, dass die Geschichte der Amerikaner nicht unbefleckt blieb. Und ein besonders großes schwarzes Loch betrifft die dunkel-häutige Rasse. Vor allem in den 1960er Jahren versuchte sich diese Minderheit zur Wehr zu setzen. Doch der Ku-Klux-Klan versuchte dies zu verhindern. „Burning Mississippi“ untermalt Rassismus in seiner schrecklichsten Form.
USA. 1964. In Mississippi versucht die schwarze Bevölkerung für Gleichberechtigung zu kämpfen und ihr Erfolg steigt. Plötzlich jedoch verschwinden 2 Weiße und ein Schwarzer, die dummerweise drei der führenden Köpfe der amerikanischen Bürgerrechtsbewegung sind. Keiner zweifelt daran, dass die drei vom Ku-Klux-Klan ermordet worden sind, jedoch fehlen triftige Beweise und vor allem die Leichen. Deshalb werden die beiden FBI-Agenden Ward (Willem Dafoe) und Anderson (Gene Hackman) nach Mississippi geschickt, damit sie diese Sache so schnell wie möglich klären können. Nicht lange dauert es, bis sie mit ihren Nachforschungen auffliegen. Herumschnüffeln ist genau das, was der Ku-Klux-Klan nicht unbedingt toleriert. Daraufhin reagiert der Klan immer brutaler: Häuser werden angezündet, Schwarze werden überfallen, entführt und misshandelt. Um die Gewalt des Klans einzudämmen, bevor diese eskaliert, beschließen Ward und Anderson mit harten Vorgehensweisen, die Gewalt und den Hass zu stoppen.
Mit den Fakten sollte man es im Film nicht so genau sehen
Doch Fakten sind ja auch nicht alles – vielmehr geht es hier ums Prinzip und um eine traurige Wahrheit. Es schien jedenfalls so, dass es den Autoren des Filmes auf etwas anderes ankam als auf Fakten.
Wunderbar in Szene gesetzt zieht die Spannungskurve ab der ersten Minuten an. Die ungleichen Protagonisten versuchen verzweifelt ihren Fall aufzuklären, stoßen aber auf ein standhaftes Schweigen der Bevölkerung. Mag dies durch Angst geschehen sein oder einen anderen Grund. Es ähnelt etwas der Atmosphäre im Nationalsozialismus. Neben seiner intensiven Krimi-Story, wirft „Mississippi Burning“ interessante Fragen zum Thema Rassismus auf und zeichnet dabei ganz nebenbei ein erschreckendes Portrait einer kleinstädtischen Gesellschaft.
Das Thema Hass ist allgegenwärtig und zieht sich durch den Film wie ein blutroter Faden
Diese Spirale der Gewalt zieht die Ermittler, wie auch den Zuschauer mit in einen tiefen Abgrund. „Mississippi Burning“ greift tatsächlich an die Wurzel des Hasses und ist durch seine bloßen Bilder schon eine verstörende Erfahrung. Und das Schlimme daran: Diese Szenen sind zwar inszeniert, haben jedoch genauso wohl einmal stattfinden müssen.
Die dichte Film-Noir Atmosphäre, Gene Hackmans großartiges Spiel und der treibende Saxophon-lastige Soundtrack von Trevor Jones, machen aus „ Mississippi Burning“ nicht nur einen intelligenten, wie auch erschreckenden Kommentar zum Thema Rassismus, sondern auch zu einem höchst intensiven Filmerlebnis. Wer sich in Filmen wie „Angel Heart“ (übrigens auch von Alan Parker)oder Serien wie „True Detective“ in den trostlosen Süden Amerikas verliebt hat, der kann sich mit diesem Thriller ohne Bedenken wieder in die Sümpfe des Mississippi-Deltas begeben, man wird nicht enttäuscht. Über altersbedingte Längen sollte man aber hinwegsehen können, denn dafür bekommt man eine hochinteressante Mischung aus Polit-Thriller und Gangsterfilm, die man trotz weniger Schwächen so noch nie gesehen hat.
Die Besetzung scheint durchaus stimmig. Die Darsteller agieren auf äußerst hohen Niveau. Obwohl gerade Hackman während seiner Schauspielausbildung zu demjenigen Schauspieler gewählt wurde, deren Durchbruch am unwahrscheinlichsten ist. „Mississippi Burning“ zählt wohl als einer der Höhepunkte für Hackmans Karriere. Im Film agiert er verständnisvoll gegenüber den Regeln der Kleinstadt, doch später muss er feststellen, dass in der Stadt nicht das Gesetz regiert, sondern der Hass (der Ku-Klux-Klan)
Willem Dafoe hingegen ist bekannt für ein breites Spektrum an Rollen, das eine Einordnung nur schwer möglich macht. So spielte Willem Dafoe in Wild at Heart, Speed 2: Cruise Control oder Spider-Man rein böse, überwiegend exzentrische Charaktere, anders verhält es sich mit seinen Rollen in Filmen wie Platoon und Mississippi Burning. Als eine seiner erfolgreichsten Rollen gilt ebenfalls die Darstellung des Max Schreck in E. Elias Merhiges Shadow of the Vampire, für die Willem Dafoe im Jahr 2001 unter anderem für den Oscar und den Golden Globe als bester Nebendarsteller nominiert war. Im Film „Burning Mississippi“ spielt er den schlauen Fuchs, welcher seine Taten genau überdenkt, aber auch er geht tatkräftig vor und folgt nur seinen eigenen Regeln, wenn auch diese nicht den konventionellen Methoden entsprechen.
Hackman voller Energie und Kraft, dazu mit ironischen Augenzwinkern, so wie es nur Hackman kann, zugleich einfühlsam und knallhart. Brillant. Als zweiter FBI-Agent (welcher wohl das ideale Gegenteil bildet) Ward noch ein grandioser Willem Dafoe, auch mit vollem Einsatz dabei, wenn auch hier überrascht jung. So aber auch die Rolle des Ward, nach dem Motiv eines Bürohengst, leicht naiv und übereifrig, nicht so schlau bedacht wie Anderson, welcher ihm eigentlich unterstellt ist, glaubt er stets an das Gute im Menschen, erweist sich zudem als engagiert und verbeißt sich in den Fall, geht dennoch strikt nach den vorgeschriebenen Methoden vor. Somit zwar leicht einfältig, aber nicht so aufbrausend wie Anderson. Trotz starker Differenzen der beiden, doch ein perfektes Duo, gerade durch ihre Gegensätze
Was der Film nicht erzählt
Bei der Suche nach den Leichen der Bürgerrechtler fand man sieben weitere ermordete Schwarze, für deren Verschwinden sich kein Schwein interessiert hatte. Eine Erwähnung wäre es schließlich wert gewesen.
Der FBI-Chef J. E. Hoover musste zu den Ermittlungen gezwungen werden und des Weiteren wurde er weitaus anti-rassistischer gezeigt, als er überhaupt war.
Mississippi weigerte sich Anklage zu erheben, weshalb die Klage vor einem Bundesgericht verhandelt werden musste. Mississippi verweigerte den Toten noch 1989 im US-Kongress eine symbolische Ehrung.
Insgesamt 18 Männer wurden angeklagt, von diesen jedoch nur sieben verurteilt. Keiner blieb länger als sechs Jahre im Gefängnis.
Fazit
Das Problem bei Filmen mit Rassismusthema ist, das man 1.) nie die ganze Wahrheit trifft und 2.) Rassismus als Filmhauptpunkt immer in Filmen problematisch ist, darzustellen. So bleibt meistens nur ein Ausweg um überhaupt Aufmerksamkeit zu erregen: über die Emotionen geleitete Vermittlung von Rassismus. Regisseur Alan Parker greift in die Vergangenheit und befindet sich im Süden der USA. Somit schlug er drei Fliegen mit einer Klappe: 1.) wenn man über die Vergangenheit dreht, sodass die Ungerechtigkeit und Emotionen aufgezeigt werden, braucht man keine Angst vor heutigen Reaktionen zu haben, 2.) er spricht (der Erfolgsgarant eines Films in den USA) so gut wie jede soziale Schicht an, nicht nur die, die es eigentlich betrifft bzw. betroffen hat und 3.) ist der Film somit nicht zum Scheitern verurteilt. Nur schafft es Parker nicht, Rassismus komplett widerzuspiegeln, aber das will, kann und darf er auch nicht. Wenn man jemanden erreichen will, dann emotional und nicht allzu kompliziert. Und das ist der Film. Die Ausgangsituation mag zunächst typisch Hollywood aufpoliert und vielleicht sogar etwas plump wirken, der Kampf des Gesetzes (FBI) gegen den Ku-Klux-Klan, das mag weder originell noch herausstechend sein, doch baut Parker seinen Film nach wahren Begebenheiten, der Vergangenheit der USA mit Schwarzen und dem Ku-Klux-Klan, auf und schaffte es tatsächlich eine gewisse Glaubwürdigkeit zu kreieren. Wichtig jedoch ist zu sagen, dass es sich hier nicht um eine Dokumentation handelt, also muss sich eigentlich niemand aufspielen. Es soll lediglich die Augen dafür öffnen, in welcher Situation Rassismus heute steht.
geschrieben am: 4. Februar, 2017 um 6:08 pm | zuletzt aktualisiert am 4. März 2017 um 6:42 pm
Autor:
Jan Feldow">Jan Feldow