Kritik: Get Out | Ein absolutes Fest für Horror-Fans

Horror Filme sind in der Regel sehr vorhersehbar, extrem gewalttätig und schlecht geschrieben. Auf Jordan Peele’s Pycho-Thriller Get Out trifft das jedoch nicht zu. Wieso dieser Film für mich eines der besten Horror-Filme unserer Zeit ist, erkläre ich euch in der nachfolgenden Review…

Schwarz und Weiß

Der afroamerikanische Fotograf Chris (Daniel Kaluuya) und seine weiße Freundin Rose (Allison Williams) sind seit mittlerweile fünf Monaten ein Paar. Als Rose ihm ihre Eltern vorstellen möchte, stimmt Chris wohl oder übel zu, auch wenn ihn die Sorge umtreibt, wie Rose’s Eltern auf den schwarzen Freund ihrer Tochter reagieren werden. Doch zunächst, erweisen sich Chris’ Bedenken scheinbar als völlig unnötig: Dean (Bradley Whitford) und Missy (Catherine Keener) bereiten den beiden einen herzlichen Empfang und scheinen sich an der Hautfarbe des Partners ihrer Tochter überhaupt nicht zu stören. Doch dann entdeckt Chris, dass die schwarzen Hausangestellten der Familie nicht nur die einzigen Schwarzen in der ganzen Umgebung sind, sondern auch seltsam abwesend und untertänig wirken. Irgendetwas scheint hier nicht mit rechten Dingen zuzugehen…

Get Out erfindet das Rad nicht neu, so viel ist sicher, doch wie der Film seine Geschichte umsetzt ist hervorragend. Er startet relativ ruhig, doch schon nach nur 15 Minuten geht der Film in die Vollen. Die Geschichte baut sich auf, entfaltet seine ganze Spannung und zieht immer weiter die Spannungsschraube an. Was ganz besonders in den Köpfen der Zuschauer bleibt, sind die Twists die man nicht unbedingt hervorsehen kann. Was auch sehr erfrischend ist, ist die Tatsache, dass der Film innerhalb der Story andere Wege geht, als so manch anderer Horror-Schocker. Wenn man nämlich denkt es passiert etwas, dann passiert meist das komplette Gegenteil davon. Mir hat die Geschichte in vollem Umfang gefallen. Auch wenn ich immer noch der Meinung bin, dass ich manche Momente hervor gesehen habe und glaube, dass man im Mittelteil hätte noch mehr heraus holen können. Aber das ist Meckern auf ganz hohem Niveau.

Kleiner Tipp: Schaut keinen Trailer. Der spoilert leider eine ganze Menge und könnte den Filmgenuss beeinträchtigen.

Stark aber nicht Oscarwürdig

Get Out wartet mit einem wirklich tollen Cast. Fangen wir an mit dem Hauptdarsteller Daniel Kaluuya (Johnny English – Jetzt erst recht, Sicario, Kick-Ass 2). Er ist der emotionale Ankerpunkt des Zuschauers. Durch seine Augen, erleben wir die ganze Geschichte. Mit ihm leiden wir und fühlen den Schmerz, den er durch macht. Für mich ist seine Leistung zwar nicht unbedingt die Beste des Casts, aber er zeigt, was für ein starker Schauspieler in ihm steckt. Ganz besonders im Mittelteil legt er ein absolutes Brett hin. Als Zuschauer habe ich ihm jedes Wort abgekauft. Jede Bewegung die er ausübt, jede Mimik ist absolut glaubwürdig und genau so soll das sein. Sonst würde ein solcher Film in keinster weise funktionieren.

Als Freundin von Chris (Daniel Kaluuya) sehen wir Allison Williams (The Mind Project, Girls). Sie ist die Tochter der Familie zu denen die beiden im Film fahren. Das Haus der Familie von ihr, ist auch der Ort an dem 90% des Filmes stattfindet. Ihre Rolle hat mir im Cast am besten gefallen. Sie ist unvorhersehbar und man weiß nie, was für ein Spiel sie wirklich spielt. Ist sie jetzt die liebende Freundin, oder hat sie doch irgend etwas mit dem Wahnsinn zutun, der dort vor sich geht. Ihre Leistung als Schauspielerin wird erst dann wirklich stark, wenn der Film ins letzte Drittel kommt. Dort spielt sie alles aus, was vom Pensum eines Darstellers her möglich ist. Ich persönlich würde sie schon jetzt einmal für den Golden Globe 2018 vormerken. Ihre schauspielerische Darbietung ist wirklich absolut großartig.

Die Mutter von Rose (Allison Williams) wird gespielt von Catherine Keener (An American Crime, Saiten des Lebens), die für mich seit An American Crime zu einer der besten Schauspielerin Hollywoods gehört. Ich habe viel von ihr erwartet und leider wurde ich in einem gewissen Maß enttäuscht. Sie spielt zwar wirklich gut und ordnet sich super im Cast ein, doch einen bleibenden Eindruck hinterlässt sie leider nicht. Ich würde sogar so weit gehen, zu sagen, dass sie mit jeder anderen Schauspielerin austauschbar ist. Sie verleiht ihrer Rolle einfach nicht das nötige Charisma. So ist sie meist nur eine Schaufensterpuppe, die zwar ihre wirklich starken Szenen hat, doch die meisten Szenen mit ihr sind austauschbar.

Zu guter Letzt kommen wir zum Vater von Rose, der gespielt wird von Bradley Whitford (Philadelphia, Der Klient). Seine Rolle ist leider ähnlich wie die von Catherine Keener. Auch er spielt wirklich stark und zeigt was er kann, doch er hinterlässt keinen wirklichen bleibenden Eindruck. Auch er wäre einfach mit einem anderen Schauspieler austauschbar. Das sollte so eigentlich nicht sein, da jeder seiner Rolle eine Identität geben sollte, was hier leider nicht wirklich passiert. Dennoch muss man sagen, dass er die Rolle wirklich gut spielt, nur diese gewisse eigene Identität, die den Charakter einzigartig macht fehlt leider auch hier, was wirklich sehr, sehr schade ist.

Das Fazit zum Cast fällt recht eindeutig aus. Alle spielen wirklich großartig. Ganz besonders Daniel Kaluuya und Allison Williams. Sie spielen den Rest des Castes fast schon an die Wand. Auch Catherine Keener und Bradley Whiteford spielen sehr stark doch leider fehlt es den beiden Charakteren an Tiefgang und eigener Identität. Dennoch kann ich nichts wirklich schlechtes in der Kategorie sagen, da alle auf einem Level spielen, was mehr als akzeptabel ist.

Mit Leichtigkeit in den Wahnsinn

Get Out wartet nicht nur mit einem guten Cast und einer tollen Story auf die Zuschauer, nein auch die Kamerarbeit ist wunderbar. Es ist alles schön mittig (Center Frame genannt) und wunderbar zu verfolgen. Außerdem kreiert der Film Szenen, die man so schnell nicht mehr aus dem Kopf bekommt. Ganz besonders das Finale verankert sich wegen seiner tollen Bildsprache im Kopf. Auch die Szenen im Mittelteil machen einiges her. Die Szenen im Dunkeln sind schön scharf und alles ist genau so ausgeleuchtet, wie man es haben möchte.

Was ich aber etwas schade finde ist, dass der Film keine neuen Ideen einbringt im Bezug auf die Kamera. So hätte man sicher einige schöne Fahrten machen können, die einem komplett das Hirn wegblasen, doch das gibt es nicht wirklich. Die Kamera steht meist auf einem Fleck und fängt alles so gut es geht ein. Das ist auch richtig so, doch ein wenig mehr Mut hätte ich auch nicht schlecht gefunden. Vor allem, weil ich denke, dass visuell noch viel mehr drin gewesen wäre, als es am Ende ist.

Spannung bis zur Unterträglichkeit

Get Out ist aus genau einem Grund absolut sehenswert, der Film ist höllisch spannend. Der Anfang ist noch relativ ruhig und mach Lust auf mehr. Doch dann fängt der Film an immer weiter die Spannungschraube anzuziehen. Irgendwann wird die Anspannung so schlimm, dass es einen kaum noch auf dem Stuhl hält. Das Finale des Filmes treibt den Wahnsinn in jeder erdenklichen Form auf die Spitze. Kaum ein Psycho-Thriller der letzten Jahre hinterließ bei mir einen so dermaßen bleibenden Eindruck wie Get Out

Der Film fühlt sich streckenweise an wie ein Mosaik, was sich langsam immer weiter zusammen setzt. Dabei schafft es der Film ein großartiges Passing an den Tag zu legen. Keine Szene ist zu lang, jeder Dialog hat seine Daseinsberechtigung und die Twists sind wirklich herausragend. Keinen der Twists habe ich hervorgesehen und so soll es bei einem Horrorfilm doch auch sein, oder nicht? Was mich aber etwas stört, ist das Ende. Die letzte Filmminute fand ich etwas zu schräg. Für meinen Geschmack hat dieser nicht ganz zum Rest des Filmes gepasst. Trotzdem, es bleibt mir einfach nichts anderes übrig als zu sagen, dass der Film inszenatorisch eine absolute Meisterleistung ist.

Eine Mischung aus Birdman und Jackie

Der Soundtrack zu Get Out ist auf der einen Seite wirklich großartig, auf der anderen Seite aber sehr gewöhnungsbedürftig. Ich für meinen Teil empfand den Soundtrack als passend, frisch und teilweise sehr dominant. Was auch gut zu den härteren und spannenderen Momenten des Filmes passt. In manchen Momenten dreht mir der Film aber doch etwas zu sehr auf mit dem Sound und übertreibt es dann ein wenig. Das ist aber eigentlich schon alles zu dem Soundtrack zum Film.

Der Sound an sich passt aber wirklich gut, denn sowohl Rennen, als auch das Geräusch des Blitzlichtes ist wirklich gut umgesetzt. Hier wurde auf ganzer Linie, gute Arbeit geleistet. Vor allem das Ende hat ein enormes Volumen, was den Zuschauer im Sitz zusammen zucken lässt. 

Fazit!

Get Out ist ein Horror-Thriller wie wir ihn seit vielen Jahren nicht mehr hatten. Wir werden durch die Atmosphäre dauerhaft unter Strom gehalten. Die Schauspieler agieren alle wirklich gut und die Inszenierung lässt einen ins Schwitzen kommen. Einzig und allein der etwas dominante Soundtrack und das Overacten mancher Charaktere hinterlässt einen minimalen Nachgeschmack.

„Höllisch Spannender Psycho-Thriller der alten Schule“

8.3

Story

8.5/10

Schauspiel

8.0/10

Kamera

8.0/10

Inszenierung

9.0/10

Sound

8.0/10

Pros

  • Gutes Schauspiel
  • Spannend bis an die Schmerzgrenze
  • Wunderbar fieser Soundtrack
  • Unvorhersehbare Twists
  • Knaller Finale
  • Kurzweilig

Cons

  • Manche Charaktere Overacten zu stark
  • Zu gewalttätiges Finale
  • Manchmal zu überdominanter Soundtrack

geschrieben am: 3. Mai, 2017 um 8:03 pm | zuletzt aktualisiert am 8. Mai 2017 um 1:58 pm

Autor:

Johnny