Boston Filmkritik: Emotionaler Aufarbeitung eines Attentates

Wie jedes Jahr wird in Boston ein riesiger Marathon veranstaltet. Im Jahr 2013 nahm das ein blutiges und unbegreifliches Ende. Dschochar und Tamerlan Zarnajew übten ein Attentat auf den Marathon aus. Dabei wurden unzählige Menschen verletzt und zwei getötet. Nun widmet sich Peter Berg (Lone Surviver, Deepwater Horizon) dem Thema und inszeniert ein Menschliches und vor allem Emotionales Drama mit einer Spannung die den Zuschauer nahezu an den Sitz tackert. Fangen wir aber klein an und widmen uns den einzelnen Kategorien. Los gehts…

Schweres Thema, bravourös geschrieben!

In Peter Bergs Drama-Thriller wird die Geschichte erzählt von dem Attentat auf den Bostoner Marathon. Tommy Saunders (Mark Wahlberg) ist ein Polizist der schon seid langer zeit unter knie Problemen leidet. Er wird eingeteilt um an der Ziellinie des Marathons für Ruhe und Frieden zu sorgen. Doch nach Beendigung des Marathons detonieren die ersten Bomben im Zuschauerbereich. Nachdem die Verletzen und Leichen weggebracht wurden, begann die Arbeit erst richtig. Niemand hat die Täter gesehen und es gibt keine Spur die in irgend einer Form verfolgbar ist! Als jedoch die Gesichter der Täter auf einem Überwachungsband entdeckt wird versuchen die Attentäter zu fliehen. Doch die bostoner Polizei ist ihnen ganz dicht auf dem Fersen…

Peter Bergs Filme hatten immer ein kleines Problem. Sie waren deutlich zu Patriotisch und stellten Amerika als großen Helden da. In Boston nimmt sich Berg ein wenig zurück und lässt den Patriotismus deutlich seltener durchblicken als in seinen anderen Filmen. Die Geschichte des Filmes basiert auf einer unfassbaren und bedrückenden Geschichte die so wirklich passiert ist. Berg lässt uns die ganze Situation noch einmal durchleben und berührt zutiefst. In jeder einzelnen Szene des Filmes wird sichtbar wie sehr er sich mit der Thematik auseinander gesetzt hat, um einen Film zu machen, der die Opfer auf eine wunderbare Art würdigt.

Es kommt nie der Gedanke auf, dass dieser Film nur aus dem Gedanken entstanden ist, möglichst viel Geld zu machen. Es fühlt sich echt, herzlich und tief traurig an. Und genau das soll solch ein Film in uns auslösen. Wir sollen denken, mitfühlen und nachvollziehen. Und das tun wir über die gesamten 130 Minuten die der Film geht. Absolut hervorragend geschrieben!

Authentischer und starker Cast

Die Hauptrolle in diesem Film übernahm Mark Wahlberg. Er spielt Tommy Saunders, ein Polizist der schon einmal Suspendiert aber wieder zurück in den Dienst geholt wurde. Außerdem leidet Saunders seid längerem unter chronischen Knie Problemen die seine Arbeit deutlich erschweren. Wahlberg ist bekannt dafür, in Filmen immer die selbe Rolle zu spielen. Auch in Boston ist es so gesehen genau das selbe, doch hier zeigt er auch zwischenmenschlich was er drauf hat. Wir fühlen mit ihm mit. Wir versuchen nachzuvollziehen wie schwer es ist diesen Druck und diesem Stress stand zu halten. Ich finde seine darstellerische Leistung wirklich stark, auch wenn es viele Parallele zu seinen anderen Rollen hat.

Außerdem mit an Bord ist John Goodman der Ed Davis spielt. Ed ist der Polizeichef von Boston und taucht nur dann auf wenn es einen Mord gibt. Ansonsten findet er es nicht so toll zu Tatorten zu kommen. Goodman spielt diesen Polizeichef ganz gut, doch das Problem ist, dass wir nicht unbedingt mit ihm mitfiebern. Er ist ein Nebencharakter der da ist, uns aber nicht emotional interessiert. Das ist etwas schade da alle anderen Charaktere deutlich mehr ans Herz wachsen als er. Dennoch spielt Goodman aber wie in seinen meisten Filmen so gut dass man ihm diese Probleme ganz gut verzeihen kann.

Der Special Agent Richard DesLauriers wird von Kevin Bacon verkörpert. Er trug maßgeblich dazu bei die Attentäter ausfindig zu machen. Bacon spielt seine Rolle in jeder Szene wirklich absolut glaubwürdig. Man kann ihm ohne Probleme abnehmen wie fertig er von der ganzen Situation ist und wie sehr er will, dass diese Attentäter dingfest gemacht werden. Alle seine Taten und seine Gedanken sind absolut nachvollziehbar und auch mit ihm fiebern wir mit. Als Zuschauer merken wir, wie schwer es ist den Überblick zu behalten über etwas, das nicht wirklich erfassbar ist. Daher haben wir immer die Hoffnung das alles was er tut schnörkellos klappt. Seine Rolle hat mir mit am besten gefallen im Film!

Auch mit an Bord (Wenn auch nur kurz) ist J.K. Simmons der erst vor zwei Jahren seinen Oscar als bester Nebendarsteller gewann. In Boston spielt er auch richtig stark. Zwar kommt er in keinem Moment an die Genialität seiner Rolle aus Whiplash heran, dennoch ist es wunderbar ihn in diesem Film zu sehen. Er passt in diese Rolle wie die Faust aufs Auge. Seine Rolle ist meist zurückhaltend, zuvorkommend, liebevoll und sehr bedacht. Das merken wir wenn er wirklich mal zum Einsatz kommt. Er durchdenkt und handelt und das macht ihn sehr sympatisch. Außerdem erfahren wir wie sehr er ein liebevoller Ehemann ist dem seine Frau alles bedeutet. Das macht seine Rolle gleich noch viel menschlicher! Hat mir ausgesprochen gut gefallen.

Als Attentäter haben wir Alex Wolff und Themo Melikidze. Die beiden spielen absolut unberechenbar. Es ist nie wirklich nachvollziehbar wieso sie so gehandelt haben. Die beiden wirken zwar so als hätten sie eine Ahnung was sie tun und das alles durchdacht ist, doch wir merken schnell wie absolut Wahnsinnig und unschlüssig das ganze ist. Ihre Rollen sind da um gehasst zu werden. Und das klappt absolut problemlos. Je länger der Film geht des do stärker wird der Hass auf diese beiden Personen. Und genau das sollte bei dem Zuschauer bewirkt werden. Daher bin ich auch hier sehr zufrieden mit der Leistung.

Im großen und ganzen bin ich also sehr zufrieden mit dem gesamten Cast. Alle agieren gut und keiner fällt unten durch. Es gibt zwar einzelne kleinere charakterliche Probleme dennoch sind die absolut verzeihbar! Hier bin ich absolut zufrieden.

Wie jedes andere Drama auch…

Kamera technisch ist Boston absolut keine Offenbarung. Boston sieht optisch halt aus wie ein Drama mehr halt auch nicht. Es gibt zwar Szenen in denen die Stadt von oben gezeigt wird, oder wir viel aus der Luft wahr nehmen, doch das Problem ist, das alles sehr gewöhnlich und weniger besonders ist.

In emotionalen Szenen haben wir nahe Shots der Gesichter, in aufregenden Szenen wird die Kamera etwas wirrer und schneller. Besonders ein Stand-Off in dem Film ist sehr schnell und leicht unübersichtlich gedreht. Das ist sehr schade denn hier hätte man interessantere und besondere Kamerafahrten nehmen können. So fehlt hier dem Film etwas an qualität. Auch Optisch wirkt alles etwas trist, kalt und besonders bedrohlich. Das kann man mögen oder man findet es etwas störend. Ich für meine Fall musste am Anfang erst einmal mit diesem tristen Look klar kommen, irgendwann fällt dass dann aber auch gar nicht mehr auf.

Was ich der Kamera arbeit aber besonders anrechne ist, dass auf harte Szenen drauf gehalten wird. So sehen wir Wunden und Verletzungen in Nahaufnahmen. Schusswechsel und dadurch resultierende Tote und vieles mehr. Ich finde es bewundernswert das der Film sich traut ehrlich und daher auch hart zu sein. Die FSK 12 ist wie ich finde etwas zu mild. Mit einer FSK 16 wäre es wie ich finde deutlich gerechter, da der Film teilweise wirklich brutale Szenen kreiert.

Im ganzen bin ich mit der Kameraarbeit einigermaßen zufrieden. Es fehlen Besonderheiten, manchmal viel zu shaky und wirr, besonders wenn es in dem Film schneller und actionlastiger wird. Ganz großartig finde ich aber das der Film sich traut die unfassbare Brutalität zu zeigen. Das löst in uns noch mehr Emotionen aus, und bleibt nachhaltig im Kopf.

Die Kunst zu berühren

Boston schafft etwas, was wenige Filme bei mir geschafft haben. Und zwar hat mich der Film ganz tief berührt. Das hat ganz viel damit zutun wie der Film beginnt. Wir lernen viele unterschiedliche Charaktere kennen, die wir im laufe des Filmes immer öfters wieder sehen. Besonders während der Explosion sind sehr viele von den Charakteren vor Ort die wir zu Beginn des Filmes kennengelernt haben und die uns sympatisch sind. Wir fiebern also mit den Charakteren mit und hoffen das ihnen nichts passiert.

Doch wie wir wissen passiert den meisten leider etwas. Während des Attentates gab es unzählige Verletzte und zwei Tote. Das wir in dem Film auch die Geschichte von einigen Verletzten zu hören bekommen, ist eigentlich klar. Nur wie diese Menschen eingebaut wurden ist absolut großartig! Wir lernen sie kennen, sie kriegen Background Story und wir sympatisieren mit ihnen. Als den Menschen aber etwas passiert, und ja den passiert leider etwas, fängt es in mir an zu brodeln. Die Dämme brechen und ich weine wie ein Schlosshund. 

So etwas zu Inszenieren ist nicht leicht, und diese Emotionale Betroffenheit über die ganzen 130 Minuten aufrecht zu halten bei dem Zuschauer ist eine absolute Meisterleistung! Hier hat der Film auf jeden Fall mein vollen Respekt. Schade das dieser Film keine Oscar Nominierung für das beste Drehbuch bekommen hat. Er hätte es auf alle Fälle verdient!

Gut aber nicht besonders

Boston beweist auch das er wirklich starke Sounds hat. Besonders während der Explosion hört es sich unfassbar realistisch an. Es fühlt sich an als wären wir in dem Moment vor Ort gewesen. Als hätten wir das alles eins zu eins miterlebt. Auch im weiteren Verlauf des Filmes ist der Sound gut. Er ist nicht besonders, dass möchte ich besonders betonen aber er ist alles andere als schlecht oder mittelmäßig. Die Schüsse der Waffen haben ein schönes Volumen und klingen echt, die Sounds wenn die Spannung anzieht ist fast nerven zerreißend.

Besonders in einer Szene in der ein Charakter flieht, beginnt der Soundtrack immer härter auf den Zuschauer einzuhämmern. Und das klappt absolut. Das liegt aber nicht nur an dem Soundtrack an sich, sondern das es ein Charakter ist, der uns am Herzen liegt. Das wird aber natürlich durch die Sounds besonders vertstärkt.

Im großen und ganzen kann ich sagen, dass sich der Film echt tadellos anhört. Es ist absolut nichts besonderes aber was soll man auch von solch einem Film erwarten, in dieser Kategorie. Es klingt halt alles so wie es sein soll und das finde ich schon einmal sehr stark.

Fazit

Am Ende bleibt mir nur zu sagen, dass ich absolut ohne Erwartungen in diesen Film gegangen bin. Ich dachte es wird wieder nur ein typischer Peter Berg, Mark Wahlberg Film in dem der letzt genannte der große Held ist. Doch so war es nicht. Der Film ist ehrlich, hart und doch herzlich! Er schont den Zuschauer nicht und lässt ihn kompromisslos Teil der Ermittlungen sein. Die Darsteller sind alle rundum gut auch Mark Wahlberg finde ich echt Stark. Auch deswegen weil er sich endlich mal zurück nimmt und die anderen Schauspieler zu Wort kommen lässt.

Ich finde das Boston ein wirklich guter und starker Film ist der durchgehend mit den Emotionen des Zuschauers spielt. Für mich eine absolute und uneingeschränkte Empfehlung! Wenn es sein muss auch erst auf DVD oder Blu Ray. Da kann man sich den Film auch ohne Probleme ansehen. Dafür muss man nicht unbedingt ins Kino gehen.

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Boston

7.6

Story

8.0/10

Schauspiel

8.0/10

Kamera

6.5/10

Inszenierung

8.5/10

Sound

7.0/10

Pros

  • Emotionale Aufarbeitung des Attentats
  • Tolle schauspielerische Leistung
  • Nervenzerfetzend Spannend
  • Emotional bis die Dämme brechen
  • Hervorragend Inszeniert

Cons

  • Einige längen im letzten Drittel
  • Etwas wirr geschnitten
  • Gewöhnungsbedürftiger Filter

geschrieben am: 3. März, 2017 um 4:52 pm

Autor:

Johnny